Vor einem Jahr, in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 verursachte Sturmtief „Bernd“ eine Flutkatastrophe in mehreren Regionen Deutschlands. Binnen 24 Stunden waren mancherorts mehr als 150 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen, viele Flüsse in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen traten über ihre Ufer. Mindestens 184 Menschen kamen ums Leben, viele weitere wurden verletzt oder verloren ihr gesamtes Hab und Gut.
Rund 17.000 Einsatzkräften aus allen 668 THW-Ortverbänden waren im Einsatz – unter ihnen auch der Ortsverband Achim. Wir waren mit 24 Einsatzkräften insgesamt 2180 Stunden im Einsatz und halfen auf vielfältige Weise: Neben Manpower und technischem Know-How war auch seelischer Beistand gefragt.
Die erste Mannschaft, die ausrückte, war die Fachgruppe Wassergefahren. Mit zwei Booten wurden sie angefordert, um im Überflutungsgebiet zu helfen. Die Flutwelle war aber schnell durch die betroffenen Gebiete geschwappt und hatte (anders als bei einem Hochwasser) keine dauerhaft erhöhten Wasserpegel hinterlassen sondern Geröll, Schutt und Schlamm. So musste die Fachgruppe unverrichteter Dinge wieder einrücken. Eine Erfahrung, die für viele Retter nicht einfach war, da sie ja ausgerückt waren, um zu helfen.
Der ESS-Trupp mit dem Einsatzstellen-Sicherungs-System (ESS) überwachte in den ersten Tagen nach der Katastrophe die Steinbachtalsperre in NRW. Er blieb Vorort, bis die Talsperre leergepumpt war und keine Gefahr eines Dammbruches und einer weiteren Flutkatastrophe mehr bestand. Danach ging es für den ESS-Trupp weiter nach Bad Münstereifel. Dort überwachten die Achimer ebenfalls verschiedene Bauwerke, die durch die Flut in ihrer Stabilität angeschlagen waren. Gemeinsam mit Baufachberatern wurde dann das weitere Vorgehen zu dem Bauwerk beraten und an die Behörden weitergegeben.
Die Bergungsgruppe des OV Achim half währenddessen, den Bereitstellungsraum (BR) für 5.000 Einsatzkräfte auf dem Nürburgring zu errichten, der als zentrale Anlaufstelle für nachrückende Mannschaften diente. Hier wurden aber auch Geräte und Fahrzeuge repariert und die Einsatzkräfte konnten zwischen den Einsätzen Essen, Duschen, Schlafen, um so Kraft für die nächsten Herausforderungen zu tanken.
Schon früh zeichnete sich ab, dass die Eindrücke aus der Katastrophe für Einsatzkräfte belastend sein könnten. Für solche Fälle hat das THW in den letzten Jahren acht Einsatznachsorgeteams (ENT) aufgestellt. Fast drei Wochen betreute Katrin Döring Einsatzkräfte im Ahrtal und Nordrhein-Westfalen während oder nach belastenden Einsätzen. Seit 2006 ist sie bereits im ENT Bremen, Niedersachen als Peer aktiv.
Max Berchtenbreiter war mehrere Wochen in der LogMat am Nürburgring tätig und reparierte dort Einsatzfahrzeuge, die beschädigt wurden oder kaputtgingen. Eines der häufigsten "Wehwehchen" waren platte Reifen. Bei Fahrten durch das Flutgebiet beschädigten Scherben, Nägel oder kleine Trümmerteile die Pneus, so dass neue Reifen aufgezogen werden mussten. Aber auch ganze Motoren und Getriebe wurden repariert. Für diese Tätigkeiten ist die Logistikgruppe mit einer mobilen Werkstatt ausgestattet.
Als der Bereitstellungsraum am Nürburgring nicht mehr benötigt wurde, waren wieder Achimer Kräfte zur Stelle und halfen, das "THW-Dorf" abzubauen. Infrastruktur, Container und Zelte mussten abgebaut werden. Auch hier zeigte sich, dass das THW eine große Familie ist. Gemeinsam mit Einsatzkräften aus andern Ortsverbänden wurde angepackt, verstaut, aufgeräumt und gelacht.
17.000 Einsatzkräfte aus allen 668 Ortsverbänden haben 2,6 Millionen Einsatzstunden geleistet. Alleine aus dem Landesverband Bremen, Niedersachsen waren 1.750 Kräfte eingesetzt, die 330.000 Einsatzstunden im Katastrophengebiet leisteten. Es ist der größte und komplexeste Einsatz in der Historie des THW. Das gesamte THW konnte gebündelt seine Expertise einbringen und bringt sie teilweise auch weiterhin ein. Denn abgeschlossen ist der Einsatz noch nicht, die Hilfe des THW wird auch ein Jahr nach der Katastrophe benötigt.